„Die Avatare oder wir?“

Theateraufführung „Philotes“ wirft Spotlight auf Computerspielsucht

„Das Netz vergisst nicht, Emily!“, hallte eine düstere Stimme aus dem Off und eine finstere Figur aus dem Computerspiel „Philotes” erschien am vergangenen Montagmorgen auf der Bühne des Arnold-Janssen-Gymnasiums. Was war denn da am bischöflichen Gymnasium in St. Arnold los? Eine außergewöhnliche Vorstellung wurde den gespannten Augen der Jahrgangsstufen 6 und 7 in zwei aufeinanderfolgenden Aufführungen geboten, die nicht nur unterhielt, sondern auch zum Nachdenken anregte.
Unter dem Titel „Philotes – Spiel um Freundschaft” brachte die Theatergruppe THEATERSPIEL eine Geschichte auf die Bühne, die sich mit der Thematik der Computerspielsucht auseinandersetzte:
Das Stück, verfasst von Beate Albrecht, erzählte die Geschichte von Emily und ihrer zunehmenden Abhängigkeit von eben diesem Computerspiel: Ursprünglich sind Emmy, überzeugend dargestellt von Janina Kronauge und ihr Schulfreund Nuri, gespielt von Leo Kamphausen, ein gutes Team. Schon lange verbindet die beiden Jugendlichen das Tischtennisspiel als gemeinsames Hobby und eine tiefe Freundschaft. Seit einiger Zeit aber treffen sie sich zudem häufig online: Sie haben das Game PHILOTES für sich entdeckt. Als Nuri eifrig für das nächste Tischtennisturnier trainiert, taucht Emmy mehr und mehr in die Cyberwelt von PHILOTES ein, findet neue Online-Spielpartner und vernachlässigt alles andere und auch sich selbst. Sogar die neue Mitschülerin Lara, dagestellt von Gracia Mardaga, die sich für Emily zu interessieren scheint, lässt sie links liegen. Als Freund Nuri dringend die moralische Unterstützung seiner Freundin benötigt, spitzt sich die Lage weiter zu. Auch die alleinerziehende Mutter, eindrücklich gespielt von der Autorin selbst, ist verzweifelt als sie Emmy gegenübersteht und um die Aufmerksamkeit ihrer Tochter ringt: „Ich brauch dich, ernsthaft, ich zähl auf dich!” Doch Emmy ist gefangen in der Cyberwelt des Spiels, wo sie sich ihrer Pflichten entzieht und in die Labyrinthe von Philotes vertieft. Immer wieder freut sich die Stimme aus dem Off und lacht hämisch… Die Stimmung wird immer dunkler und bedrückender, bis schließlich der Avatar Thylox Emmy auf Schritt und Tritt folgt und die Bedrohung durch die virtuelle Welt immer greifbarer wird. „Wir wollen dich hier, draußen echt, vielleicht ist das Design hier nicht so berauschend, aber wir wollen dich!”, bitten ihre Freunde Laura und Nuri nachdrücklich. Das Stück gipfelt in dem dramatischen Moment, als die Figur Thylox durch seine bedrohliche Präsenz auf der Bühne Emmy immer weiter in die digitale Welt zu ziehen scheint und Emmys Freunde vor ihr stehen und sie vor die Wahl stellen: „Die [Avatare] oder wir?” Der Schluss des Stücks bleibt offen. Hält die Freundschaft den Herausforderungen von realem und digitalem Leben stand? Doch es scheint, dass Thylox verliert und das wahre Leben gewinnt. Emmy macht sich auf, ihre Freunde zurückzugewinnen.
Die Theatergruppe THEATERSPIEL zeigte am Montagmorgen auf der Bühne des AJG nicht nur ein beeindruckendes Stück, sondern leistete auch einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung für die Gefahren digitaler Medien. Immer wieder verflossen die Grenzen zwischen Realität und virtuellem Leben in der Cyberwelt, was negative Auswirkungen auf Schule, Familienleben und Freundschaft aufzeigte, ohne dabei den moralischen Zeigefinger zu erheben. Phasenweise durften die SchülerInnen sogar im laufenden Stück mit den Schauspielern interagieren und bei den Konfliktsituationen zwischen Mutter und Tochter die jeweilige Rolle übernehmen und mitdiskutieren, was die jungen Zuschauer besonders motivierte.
„Wer glaubt, dass Emmy süchtig ist?” fragten die Schauspieler bei der Nachbesprechung und eröffneten so erneut eine lebhafte Diskussion. Ein langanhaltender Beifall zeigte, dass die Geschichte und schauspielerische Leistung die Schülerinnen und Schüler erreichte. Mit beeindruckender Bühnenpräsenz und einfühlsamer Darstellung war es den SchauspielerInnen gelungen, die Gefühlswelt der Jugendlichen lebendig werden zu lassen und Impulse für einen verantwortungsbewussten Umgang mit neuen Technologien zu setzen.
Kathrin Brinkschulte als Koordinatorin für den Bereich „Sozialkompetenz stärken“ am AJG erklärte, dass im schulischen Kontext durch Veranstaltungen wie diese die Intention verfolgt würde, neue Impulse der Prävention im Netz zu setzen und die Jugendlichen für den verantwortungsvollen Umgang in und mit Medien zu sensibilisieren. Der Theaterbeitrag sei ein weiterer Baustein einer „Guten Gesunden Schule“ und wurde durch das Landesprogramm Bildung und Gesundheit NRW finanziert. Schon heute freuen sich das AJG und die Schülerschaft auf sich anschließende Veranstaltungen dieser Art.

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2024-04-11T10:57:37+02:00
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